Portrait: Jahn und Jahn
Since 1964, Fred Jahn has played a significant role in the art world – as a gallerist, graphic publisher, and art dealer. He had the fortune to be in the midst of crucial moments in recent German art history. This September he turns eighty; an occasion to take a look at the gallery’s history.
When Heiner Friedrich, later co-founder of the Dia Art Foundation, opened his gallery on Maximilianstraße in 1963, Munich was still scarred by the destruction of World War II and in search of a new cultural identity. During this time – in the cool decade of the ’60s with its belief in progress – an interest in modern and avant-garde art movements grew. Friedrich and his collaborators showcased innovative artistic expressions and soon exhibited the American avantgarde in Munich. One of these collaborators was Fred Jahn, who shortly became an important figure in Friedrich's gallery. Instrumental in creating a flourishing art scene in Germany, the gallery made contemporary American art more visible and accessible to German audiences. During his time at Friedrich’s gallery, Jahn worked on projects with artists like Walter de Maria, Georg Baselitz or Gerhard Richter. In 1978, after many years of collaboration, Jahn opened his own gallery. While maintaining an affinity for American artists – some of whom had been shown in Europe for the first time under Friedrich – he shifted his focus: his passion for works on paper became a crucial pillar of his gallery’s exhibitions.
From its outset, the gallery placed a strong emphasis on both, local and international art, a combination that persists to this day. The diversity of the artists in the program – an early Baselitz alongside Palermo's abstract experiments or Gerhard Richter's objective gestures next to Sigmar Polke's refined simplicity – required a willingness to take risks. Artists often worked on-site for weeks, creating significant work cycles that were subsequently exhibited in the gallery. Barry Le Va, for instance, worked on his collage series on African masks, with which the gallery dealt; Al Taylor created his drawing series Lily Trap. Close collaboration with artists and the deep engagement with artistic expressions characterises the gallery. This is further underscored by the numerous publications that accompany the exhibitions and are produced by the gallery's own publishing house.
Thirty years after Fred Jahn founded his gallery, his son Matthias Jahn opened his own space in Munich's Gärtnerplatz district in 2008. Initially focusing on young artists from the Günther Förg milieu, the gallery continues to represent artists such as Hedwig Eberle with her abstract compositions. In 2017, the two galleries merged to form Jahn und Jahn. Since their fusion, they have showcased their program in the courtyard of Baaderstraße 56 and, since 2022, also in Lisbon. In the city by the Tagus River, Jahn und Jahn occupies 300 square meters in a meticulously restored historic building which they share with Alexander Caspari's London-based gallery Encounter. Here, Jahn und Jahn not only presents their established program but also emerging Portuguese artists.
The focus on painting and drawings runs like a common thread through the gallery's exhibitions. At a time when works on paper seem to be gradually sidelined, even by museums, Jahn and Jahn continues to highlight sophisticated paper-based art underscoring its significance as a vital segment of artistic practice. Drawing, a medium that is quickly accessible, is considered to reveal an artist’s immediate thoughts, thus offering a unique entry point into their creative process. Jahn und Jahn’s emphasis on drawings also allows the gallerists to collaborate with artists more closely than in other discipline; editions are the culmination of a process requiring empathy and ingenuity.
Jahn und Jahn carries a history: artists from three different generations are showcased here. “The gallery has a retrospective and forward-looking perspective that connects us in the present,” says Tim Geissler, partner at the gallery since 2018. “Younger positions reference older ones which creates interesting dialogues and exciting exhibitions.”
On the occasion of Fred Jahn's 80th birthday, the gallery dedicates an exhibition to him: Chapeau Fred II – American Drawings brings together artistic positions that have accompanied the gallerist since the beginning of his career. Conceived in collaboration with David Nolan Gallery New York City and Schönewald Fine Arts Düsseldorf, the exhibition will be displayed at the Baaderstraße as part of Various Others.
Text: Pauline Herrmann
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Seit 1964 ist Fred Jahn eine prägende Figur in der Kunstwelt – als Galerist, Grafikverleger und Kunsthändler. Er hatte das Glück, in entscheidenden Momenten der neueren deutschen Kunstgeschichte mittendrin zu sein. Im September feiert er seinen achtzigsten Geburtstag. Ein passender Anlass, um einen Blick in die Geschichte der Galerie zu werfen.
Als Heiner Friedrich – später Mitbegründer der Dia Art Foundation – 1963 seine Galerie in der Maximilianstraße eröffnete, war München noch von den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs geprägt und auf der Suche nach einer neuen kulturellen Identität. In dieser Zeit des Wandels wuchs das Interesse an modernen und avantgardistischen Kunstströmungen. Friedrich und seine Mitstreiter präsentierten diese und holten früh die amerikanische Kunst nach München. Einer dieser Mitstreiter war Fred Jahn, der bald eine wichtige Rolle in Friedrichs Galerie einnahm. In seiner Zeit dort begleitete er Projekte von Künstlern wie Dan Flavin, Walter de Maria, Georg Baselitz or Gerhard Richter. 1978, nach vielen Jahren der Zusammenarbeit, eröffnete Jahn seine eigene Galerie. Seine Affinität zu den amerikanischen Künstlern, die zuvor unter Friedrichs Namen teils zum ersten Mal in Europa ausgestellt wurden, blieb bestehen. Schwerpunkte setzte er allerdings anders: seine Liebe zur Zeichnung, zu Arbeiten auf Papier nahm in den eigenen Räumen eine wichtige Rolle ein.
Mit einem Programm, das Künstler wie Georg Baselitz, Gerhard Richter, Per Kirkeby und Fred Sandback zeigt, prägte Jahn die Kunstszene Münchens nachhaltig. Allerdings legte die Galerie von Anfang an Wert auf eine Kombination aus lokaler und internationaler Kunst. Eine Kombination, die bis heute besteht. Die Vielfalt der künstlerischen Positionen im Programm – einen Baselitz der frühen Jahre neben den abstrakten Experimenten von Palermo; die objektivierte Gestik von Gerhard Richter neben der raffinierten Schlichtheit von Sigmar Polke – erforderte Mut und Risikobereitschaft. Die Künstlerinnen und Künstler arbeiteten oft wochenlang vor Ort und schufen bedeutende Werkzyklen, die anschließend in den Galerieräumen präsentiert wurden. So etwa Barry Le Va mit seiner Collagenserie zu den afrikanischen Masken, mit denen die Galerie handelte, oder Al Taylors Lily Trap. Die enge Zusammenarbeit mit den Künstlerinnen und Künstlern, sowie die inhaltliche Auseinandersetzung mit den künstlerischen Ausdrucksformen, zeichnet die Galerie bis heute aus und macht sie zu einem lebendigen Ort. Ausschlaggebend sind in diesem Zusammenhang auch die zahlreichen Publikationen, die begleitend zu den Ausstellungen im eigenen Verlag erschienen sind.
Dreißig Jahre nachdem Fred Jahn seine Galerie ins Leben rief, eröffnete sein Sohn Matthias Jahn 2008 im Münchener Gärtnerplatzviertel seine eigene Galerie. Diese konzentrierte sich zunächst auf junge Künstlerinnen und Künstler aus dem Umfeld von Günther Förg und zeigt bis heute Künstlerinnen und Künstler, wie Hedwig Eberle mit ihren abstrakten Kompositionen. Die Galerie Jahn und Jahn entsteht 2017 aus dem Zusammenschluss der beiden Galeristen. Seit der Fusion präsentieren sie ihr Programm im Innenhof der Baaderstraße 56 und seit zwei Jahren auch in Lissabon, wo sie 2022 eine Dependance eröffnen. In der Stad am Tejo, auf 300 Quadratmetern in einer aufwendig restaurierten Altbauetage, die man sich mit Alexander Casparis Londoner Galerie Encounter teilt, zeigt Jahn und Jahn nicht nur das bekannte Programm, sondern auch junge portugiesische Kunst.
Der Fokus auf Malerei und Zeichnungen durchzieht das Galerieprogramm wie ein roter Faden. Wenn es heutzutage so scheint, als würden die Arbeiten auf Papier allmählich selbst von den Museen ins Abseits gedrängt, zeigt Jahn und Jahn weiterhin anspruchsvolle Kunst auf Papier und weist auf ihren Status als ein wichtiges Segment der Kunstausübung hin. Die Zeichnung, ein Medium, welches schnell verfügbar ist und weniger laut nach außen getragen wird, legt unmittelbare Gedanken des Kunstschaffenden offen, und ermöglicht somit einen besonderen Zugang zur künstlerischen Auseinandersetzung. Der Fokus auf Zeichnungen gibt den Galeristen außerdem die Chance, mit den Künstlerinnen und Künstlern so eng wie in keiner anderen Disziplin zusammenzuarbeiten; denn Editionen stehen am Ende eines Prozesses, der Einfühlungsvermögen und Erfindungsgeist erfordert. Die enge Zusammenarbeit mit den Künstlerinnen und Künstlern, welche von Anfang an zentral für das Verständnis der Galeriearbeit war, setzt sich mit dem Zusammenschluss der beiden Galerien fort.
Jahn und Jahn trägt eine Geschichte mit sich: Künstlerinnen und Künstler aus drei unterschiedlichen Generationen werden hier gezeigt. „Jahn und Jahn hat einen Rückblick und Vorausblick, der uns in der Gegenwart verbindet,“ so Tim Geissler, seit 2018 Partner der Galerie. „Jüngere Positionen referieren auf ältere, dadurch entstehen interessante Dialoge und spannende Ausstellungen.“
Zum 80. Geburtstag Jahns widmet ihm die Galerie eine Ausstellung: Chapeau Fred II – American Drawings bringt künstlerische Positionen zusammen, die den Galeristen seit den Anfängen seiner Karriere begleiten. Konzipiert in Kollaboration mit David Nolan Gallery New York City und Schönewald Fine Arts Düsseldorf wird die Ausstellung im Rahmen von Various Others in der Baaderstraße gezeigt.